Dienstag, 18. Oktober 2016

Vorgeschichte Kapitel 5

5. Was passiert da?

Deirdre


Es war einer dieser typischen heißen Sommertage. Weihnachten war längst vorbei, auch der Frühling hatte seine letzten Tage seit gut ein paar Wochen hinter sich. Die Luft flimmerte vor Hitze, die Grillen zirpten laut und unablässig und überall war das fröhliche Lachen und Toben von Kindern zu hören. Sommerferien. Hochsommer. Alle wollten an den Badesee oder ins Schwimmbad.
Allgemein herrschte überall recht heitere und fröhliche Stimmung. Warm fühlte sich die Sonne auf der Haut an, angenehm der wohlige Wind der sanft durch das Haar strich wie eine Geliebte. 
In einem großen Häuschen am Ende der Straße war lautes Babygeschrei zu hören.



Mit einem lautlosen Seufzen erhob Lucy sich von ihrem Platz am Schachspiel. Deirdre wusste wohin sie wollte, ihre vor gut zwei Wochen auf die Welt gekommene Tochter, Shereena, verlangte nach Aufmerksamkeit. Sie schrie häufig und manchmal fragte Deirdre sich ob sie wohl krank war. Harvey, Daireann und Drystan hatten nicht so viel geschrien. Mittlerweile waren die drei auch schon über ein Jahr alt. Sie hatten ihre Geburtstage letzten Monat gefeiert.
Sie konnten sogar schon laufen und ein paar einzelne Worte vor sich hin brabbeln. Drystan hatte zuerst zu sprechen begonnen. Sein erstes Wort war lustigerweise Daidan gewesen. Womit er Deirdres Geschwister gemeint hatte. Es war eine Kombination aus ihren Namen. Das war irgendwie süß gewesen und die drei spielten auch unentwegt zusammen. Das erste Wort der Zwillinge war Dydy gewesen. Damit meinten sie Drystan. Ein Herz und eine Seele diese Babys.
Nachdenklich blickte sie von dem Schachbrett auf und gen Himmel. Es war wirklich ausgesprochen schönes Wetter.


Vielleicht durfte sie ein wenig auf den Spielplatz gehen wenn sie ihre Eltern lieb darum bat. Sicher hatten sie nichts dagegen. Zwar war ihr Vater seit er von Arjun erfahren hatte immer misstrauisch egal wo sie hin wollte aber normalerweise ließ er sie trotzdem ziehen. Auch wenn hin und wieder ihre Mutter ein Machtwort sprechen musste.
Sie war ihr dankbar dafür auch wenn ihr Vater wohl nicht ganz unrecht mit diesem Misstrauen hatte. Natürlich hatte sie den Kontakt zu Arjun nicht abgebrochen. 
Ihre Eltern verstanden das einfach nicht. Arjun war doch ihr Freund! Nur weil er erwachsen war - oder fast zumindest - hieß das doch nicht, dass sie keine Freunde sein konnten. Deirdre verstand nicht warum die Erwachsenen manchmal so seltsam waren.
Die Siebenjährige hatte allerdings schnell verstanden, dass ihre Eltern ja nicht wissen mussten, dass sie weiterhin Kontakt zu ihm pflegte und ihr Handy kontrollierten die zwei natürlich auch nicht. Deshalb hielt das kleine Mädchen auch regen sms Kontakt zu dem Älteren.
Naja wenn man ein zwei Gespräche in der Woche als rege bezeichnen konnte zumindest. Fröhlich schmunzelnd zog sie nun jedenfalls ihr Handy aus der Tasche und tippte ihrem besten Freund eine kurze Nachricht.


Da Arjun selten sofort antwortete, steckte sie sich das Handy wieder in die Kleidtasche und hüpfte fröhlich von ihrem Stuhl. Jetzt würde sie erstmal ihre Eltern fragen ob sie in den Park gehen durfte! Er war ja nicht so weit weg und sie war schon oft alleine dort gewesen. Sie würden es ihr schon erlauben.
Falls Arjun keine Zeit haben sollte, würde sie eben wirklich ein bisschen Zeit dort verbringen. Zur Sicherheit würde sie sich auf jeden Fall ein Buch mitnehmen. Vielleicht eins über die gängigsten Algorithmen in Computersystemen.
Sie hatte sich die letzten Monate sehr viel mit diesem Bereich beschäftigt, vielleicht auch ein bisschen aufgrund des Einflusses den ihr älterer Freund auf sie hatte.
Am liebsten würde sie später genau das gleiche studieren! Es war auf jeden Fall sehr interessant.
"Moooomyyyyyy~?", rief sie fröhlich durchs Haus, auf der Suche nach ihrer Mutter. Direkt von rechts bekam sie auch sogleich Antwort und fand sie vor dem Herd wieder. Sie trug kurze, sommerliche Shorts und ein kurzärmliges Shirt.
Deirdre grinste fröhlich als sie sah was ihre Mom da leckeres zauberte. Sie bereitete die Soße für einen Auflauf vor! Den würde es heute Abend geben. 


"Was gibt es Mäuschen?", wurde sie nun gut gelaunt gefragt, woraufhin ein fröhliches Lächeln auf ihren Lippen erschien. "Ich wollte fragen ob ich ein wenig in den Park gehen darf! Auf den Spielplatz! Darf ich Mommy? Biiiiitteeeeee~" 
Mit großen, funkelnden Augen blickte sie zu der Rothaarigen auf, die daraufhin nur leise lachte, den Kopf amüsiert schüttelte und es ihr erlaubte. Mit der Bedingung dass sie rechtzeitig zum Abendessen wieder Zuhause war und Bescheid geben sollte sobald sie dort war und sobald sie wieder auf dem Rückweg war.
Das war natürlich kein Problem! "Na dann viel Spaß und pass auf dich auf Mäuschen." Sie bekam sogar noch ein Küsschen auf die Wange, woraufhin sie zuerst leicht das Gesicht verzog, dann allerdings doch noch leise kicherte.


Schnell schnappte sie sich also das Buch ihrer Wahl, klemmte es sich unter den Arm und machte sich damit auf den Weg in den Park. Hoffentlich antwortete Arjun ihr bald und hatte auch Zeit! Sie würde ihn so gerne endlich mal wieder sehen. Das letzte mal war nun schon einige Wochen her. 
Er war nämlich eine ganze Weile im Urlaub gewesen und davor hatte er wichtige Prüfungen gehabt. Da hatte er natürlich nicht viel Zeit für sie erübrigen können.
Aber nun war er ja wieder da!


Er meldete sich etwa eine Viertelstunde nachdem sie im Park angekommen und bereits die Nase in ihr Buch gesteckt hatte. Das sanfte Vibrieren und der melodische Ton ihres Handys ließen sie das Buch augenblicklich zur Seite schieben und nach dem Gerät in ihrer Tasche angeln. 
Fest in ihrer Hand liegend tippte sie behände über das Display und fand seine Nachricht. Er hatte Zeit! Und er war sogar schon fast da! Mit leuchtenden Augen schrieb sie ihm zurück wo genau sie war und sah sich dann aufmerksam um.
Sie entdeckte ihn fünf Minuten später wie er freundlich grinsend den Weg entlang und auf sie zu schlenderte.


Mit einem fröhlichen Jauchzen sprang das kleine Mädchen auf, ließ ihr Buch einfach liegen und lief auf den Braunhaarigen zu. "Arjuuuun!", rief sie fröhlich aus, erntete dafür nur ein amüsiertes Lachen seinerseits. Er schloss sie trotzdem in die Arme als sie endlich bei ihm angekommen war.
"Ich dachte schon du hast immer noch keine Zeit!", plapperte sie einfach los, während sie ihre Wange an seinem Bauch rieb.
Er schmunzelte nur, brachte ihr Haar ein wenig durcheinander und erwiderte mit seiner warmen, angenehmen Stimme: "Na ich konnte dich doch nicht noch länger warten lassen. Wie gehts dir? Läufts gut in der Schule?"
Deirdre ließ wieder von dem Jungen ab und blickte mit leuchtenden Augen zu ihm auf, nickte ganz enthusiastisch und erzählte ihm lang und breit was sie so die letzten Wochen erlebt hatte.
Auch von Lucys Kind erzählte sie ihm, dass es nun endlich auf der Welt war und ein kleines Mädchen war. 
"Sie hat sie Shereena genannt! Und sie ist wirklich ein Schreihals!", erzählte sie ihm gerade, mittlerweile hatten sie es sich auch längst an dem Tisch bequem gemacht und genossen die warme Sommersonne.


Bevor Arjun allerdings dazu kam ihr etwas darauf zu antworten, fiel der Blick des Mädchens auf eine ganz bestimmte, rothaarige junge Frau die etwas weiter entfernt im Park stand und sich mit einem Brünetten unterhielt. Ihre Augen wurden riesig und ein erschrockener Ausdruck zeigte sich in ihrer Mimik. 
Da war Lucy! Was wenn sie sie mit Arjun sah?! Sie würde es sicher ihrer Mutter erzählen! Und dann würde ihr Vater wieder wütend werden und am Ende durfte sie nirgends mehr alleine hin. Vielleicht würden sie ihr sogar das Handy wegnehmen.
Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte sie, dass auch Arjun nun in die selbe Richtung blickte. Er wirkte allerdings nicht erschrocken, runzelte sogar eher irritiert die Stirn. Dabei wusste er doch wie Lucy aussah! Warum reagierte er denn nicht?!
Bevor sie jedoch dazu kam ihn darauf hinzuweisen, dass sie schnell weg musste, erhob er selbst das Wort und irgendwie hatte sie das Gefühl dass er besorgt klang: "Das ist Lucy oder? Vielleicht solltest du deinen Eltern sagen, dass sie hier ist und mit wem sie sich unterhält."
Er zückte nun sogar sein Handy und schoss ein Bild von den Beiden! Das verstand Deirdre noch viel weniger, sah ebenfalls wieder zu ihrer 'Tante' und verengte die Augen zu Schlitzen während es hinter ihrer Stirn ratterte.
Sie sah tatsächlich nicht sonderlich begeistert aus... eher... als hätte sie Angst? Aber warum? War der Kerl gemein zu ihr? So hatte sie Lucy noch nie erlebt. 
Er hielt sie am Arm gepackt und sie wirkte total nervös, strich sich sogar mit einer Hand durchs Haar. Irgendwas stimmte da nicht.


Sie wollte schon aufspringen und ihr zu Hilfe eilen, wurde aber rasch von Arjun am Handgelenk festgehalten. Empört blickte sie ihm ins Gesicht: "Hey! Ich muss ihr doch helfen! Der Mann sieht aus als wäre er gemein zu ihr!" 
Sie erntete allerdings nur ein rasches Kopfschütteln von dem Jungen dafür und er zog sie ein Stückchen zurück, erklärte ihr leise und mit der freien Hand bereits das Bild an sie schickend: "Es ist besser wenn du mit dem Bild zu deinen Eltern gehst. Und zwar so schnell wie möglich ja? Ich glaube der Mann ist gefährlich."
Wieder warf das kleine Mädchen einen Blick auf die Szene die sich ihr bot und musste mit ansehen wie der Kerl sie einfach grob hinter sich herzog. Warum half ihr denn niemand?! Sie sah sich um, bemerkte dass der Park hier hinten wie ausgestorben war. 
War es schon so spät? Ein eisiges Gefühl machte sich in ihrem Magen breit. Sie konnte doch nicht einfach gehen und Lucy im Stich lassen! Verzweifelt sah sie wieder zu Arjun, der sie nach wie vor fest am Handgelenk hielt. "Aber... er nimmt sie einfach mit! Und schau sie will das nicht! Wir müssen ihr helfen!", jammerte sie ein wenig ängstlich und versuchte sich loszureißen. 
Aber der Griff war zu fest und eigentlich wusste sie auch dass ihr bester Freund recht hatte mit dem was er sagte. Sie war nur ein kleines Siebenjähriges Mädchen und der Typ sah kräftig aus und war erwachsen. Selbst wenn Arjun ihr half würden sie wohl nicht gegen ihn ankommen, denn der braunhaarige Junge war zwar schon Achtzehn aber eher schmächtiger Natur. 
Anderseits würde Lucy sich sicher auch wehren. "Aber wenn wir ihn zusammen überwältigen? Lucy wird sich ja bestimmt auch wehren!" "Er hat eine Waffe.", erwiderte der Brünette nur mit einem fest auf die Szene fixierten Blick, deutete auf den Gürtel des Mannes. Tatsächlich lugte da hin und wieder der Griff einer Pistole unter dem Stoff der Jacke hervor.
Ihre Augen nahmen die Größe von Untertassen an und nun bekam sie wirklich Angst. "Lauf jetzt schnell heim Deirdre und erzähl deinen Eltern davon! Ich werd die zwei beobachten und ihnen folgen wenn möglich ja? Und ich schick dir alles was ich noch mitbekomme damit du es deinen Eltern erzählen kannst! Also beeil dich!"
Sie warf noch einen letzten Blick auf die Szene, blickte nochmal ängstlich in Arjuns Gesicht der sie nun endlich los ließ und rannte dann auf der Stelle los, so schnell sie kannte. 
Sie bemerkte erst jetzt dass ihr ein paar Tränen heiß über die Wangen kullerten. Rasch wischte sie sich über das Gesicht, lief so schnell sie konnte weiter. Sie musste sich beeilen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen